Palmares 2020 en allemand

FRANZÖSISCHSPRACHIGES KOMITEE EURODRAM 

AUSWAHL 2020

 

Das französischsprachige Komitee des Netzwerkes für Theater in Übersetzung EURODRAM hat am 12. März 2020 im Haus der Autoren der SACD in Paris die Auswahl 2019-2020 aus den in der Originalsprache Französisch eingesandten Texten beschlossen. Von den 113 eingesandten Stücken wurden nach eingehender Diskussion ausgewählt: 

  • LA CLAIRIERE DU GRAND N’IMPORTE QUOI
    [Die Lichtung des allgemeinen großen Unsinns] von Alain Behar
  • ZONE A ETENDRE
    [Auszuweitende Zone] von Mariette Navarro
  • CINGLEE
    [Übergeschnappt] von Céline Delbecq

Wir empfehlen die Übersetzung dieser drei Stücke mit dem Ziel ihrer Verbreitung, Veröffentlichung und Inszenierung den Übersetzer*innen in die verschiedenen europäischen Sprachen. Darüber hinaus möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf die folgenden Stücke der qualitativ insgesamt sehr bemerkenswerten Leseliste lenken, die unser besonderes Interesse fanden: 

  • MANGROVE [Mangrove] von Lucie Vérot
  • MEPHISTO RHAPSODIE [Mephisto Rhapsodie] von Samuel Gallet
  • BLEU PISCINE [Schwimmbadblau] von Pauline Guillerm
  • ELDORADO DANCING [Eldorado Dancing] von Métie Navajo
  • NEUF MOUVEMENTS POUR UNE CAVALE [Flucht in neun Sätzen] von Guillaume Cayet
  • Die meisten Stücke wurden von den Autorinnen und Autoren selbst eingereicht. Mit deren Zustimmung schicken wir Ihnen auf Wunsch gerne eines der Manuskripte zu oder übermitteln Ihnen die Kontaktdaten.

 

AUSWAHL 2020

 

LA CLAIRIERE DU GRAND N’IMPORTE QUOI
[Die Lichtung des allgemeinen großen Unsinns]

ALAIN BEHAR

Ein etwas verrücktes geopoetisches Epos zwischen Theater und Performance. Die Wörter und die Menschen entgleiten einer global in die Katastrophe versinkenden Welt und bewegen sich auf einem großen Papierschiff in einer fantastischen Vorstellungswelt. Alles und alle vermischen sich untereinander. Ein bisschen Arche Noa, ein bisschen Love Boat. Unterwegs treffen wir LGBT-Berber aus Vietnam, kabylisch-isländische Aristoteliker, Elfenbeinküstenbewohner aus Ulaanbaatar, Inuits aus Burkina Faso… und alles klappt reibungslos.

 

ZONE A ETENDRE
[Auszuweitende Zone]

MARIETTE NAVARRO

Das Stück spielt in einem Wald und beschreibt den Weg im Kontakt mit den Elementen, die Begegnungen innerhalb einer gemeinsam voranschreitenden Gruppe. Es spielt mit deren Ängsten, mit der Nähe, den Legenden und der Magie. Die Menschen schließen sich aus verschiedenen Gründen der Wanderung zu einer Lichtung an, wo eine neue Gemeinschaft entsteht, aber alle wollen einer Lage entkommen, in der sie einer Staatsmacht unterworfen sind, von der sie sich nicht mehr vertreten fühlen und die sie nicht mehr unterstützen wollen. Unterwegs teilen sie sich ihre Überzeugungen und Zweifel und ihre Geschichte mit. Im zweiten Teil befindet sich die kleine Gruppe auf der Lichtung, einer seltsamen „auszuweitenden Zone“, deren Funktionieren sie erfassen müssen, um dort aktiv ihren Platz zu finden.

 

CINGLEE [Übergeschnappt]

CELINE DELBECQ

Seit Marta Mendes einen Artikel über den ersten Frauenmord des Jahres 2017 in Belgien gelesen hat, liest sie fieberhaft und minutiös Tag für Tag alle Zeitungen auf der Suche nach weiteren Berichten über Frauenmorde. Angesichts der unausweichlich länger werdenden Liste, die sie täglich archiviert, und angesichts der in den Kartons sich immer höher stapelnden Belegzeitungen sieht Marta keinen anderen Ausweg mehr als sich schriftlich an König Philippe zu wenden, der, dessen ist sie sich sicher, diesen Zustand, der sie krank, macht beenden wird. „Ein Artikel ist eine Nachricht aus der Rubrik ‘Verschiedenes’. Aber wenn man die Kartons sieht, ist es Völkermord.“ Das Stück zeichnet den Weg und den Widerstand einer Kämpferin nach, die am Wahnsinn einer Welt verzweifelt, die unfähig ist, die Augen zu öffnen, die Tatsachen anzuerkennen und zu handeln. Ihr Kampf richtet sich auch gegen das Vokabular, die Wortwahl der Medien, wenn diese von den Frauenmorden sprechen ohne sie beim Namen zu nennen. 

 

 

WEITERE EMPFOHLENE STÜCKE

 

MANGROVE
[Mangrove]

LUCIE VEROT

Guyana, Gegenwart. Menschen begegnen sich, folgen individuellen Wegen, suchen den Sinn ihres Hierseins. Da ist die junge einheimische Frau, die als Bedienung in einer Kneipe arbeitet, da sind gestrandete Menschen aus Frankreich, Legionäre jeden Alters, Ingenieure des Raumfahrtzentrums, Exilierte und Heimkehrer. Und noch viele mehr. Ihnen allen gemeinsam ist dieses Land. Es eint sie und es erzeugt die Spannungen, denn es stellt eine Mischung dar aus Fernweh, Einwanderung, Völkervielfalt, belastender Vergangenheit der Eroberungen und der Sklaverei, aus Hoffnungen und Erschöpfung, feuchter Hitze und Resten althergebrachter Magie. Und gleichzeitig steigen die Raketen gen Himmel

 

MEPHISTO RHAPSODIE
[Mephisto Rhapsodie] 

SAMUEL GALLET

 

Ein Theater in einer Provinzstadt. Wie überall im Land steht die extreme Rechte vor der Machtübernahme. Zur festen Schauspielertruppe des Theaters gehören Aymeric, der vom großen Ruhm träumt, Lucas, der sich fragt, ob das Theater in die sozialen Auseinandersetzungen eingreifen kann, wovon Michael, Anhänger der rechtsextremen Gruppierung „Premières Lignes“ [Vorderste Front] überzeugt ist. Zu ihnen gesellt sich Barbara, Tochter der Direktorin eines großen Hauptstadttheaters, und entdeckt die vernachlässigten Regionen des Umlandes. 

Während Aymeric in die Hauptstadt zieht und, gestützt von Barbaras Mutter und seiner Partnerin, der jungen Sängerin Juliette Demba, die Stufen des Ruhmes erklimmt, führt die politische und soziale Krise in die Katastrophe. 

 

BLEU PISCINE
[Schwimmbadblau]

PAULINE GUILLERM

 

Schwimmbadblau: ein Olympiaschwimmbad. Viele Badende und das Schwimmbadpersonal. Man springt ins Becken, man schwimmt, es wird gearbeitet, man fordert sich im Wettbewerb heraus, man beschwert sich. Bis es geschieht. In der Straße des Olympiaschwimmbades gibt es einen Blumenladen, eine Bademodenverkäuferin, eine Journalistin, eine Hebamme und viele andere Menschen. Im Grunde banale Unterhaltungsfragmente entwerfen das tägliche Leben der einen und der anderen und erwecken eine Vorahnung der Katastrophe. Alle haben es gesehen und gehört. Nichts wird mehr sein wie vorher. Die Schicksale überschneiden sich, und angesichts des Unaussprechlichen erzählt eine Stimme im Schockzustand eine ganz andere Tragödie.

 

ELDORADO DANCING [Eldorado Dancing]

METIE NAVAJO

Vor dem Eldorado Dancing, einer Diskothek in der trostlosen Vorstadt, spricht Sofiane, dem der Zutritt verwehrt wird, mit der Überwachungskamera. Er trifft auf Salomé, die für diesen Abend zum Star der berühmten Webshow „Merlins, des Dämonen“ wird, des Großmeisters der virtuellen Welt. Eine Verbindungspolizistin greift ein und wendet neue Polizeimethoden an. Unter dem erlebnishungrigen Blick der Follower wird die Frage, ob Sofiane in die Disko kommt, immer mehr zum politischen Thema und führt zu einer kollektiven und symbolischen Widerstandsaktion. 

 

NEUF MOUVEMENTS POUR UNE CAVALE
[Flucht in neun Sätzen] 

GUILLAUME CAYET

Am 20. Mai 2017, dem Vorabend der Präsidentschaftswahl, tötet ein Gendarm den 36-jährigen Jérôme Laronze, Züchter mit einem Viehbestand von ca. hundert Tieren aus Trivy (Saône-et-Loire) am Ende einer neuntägigen Flucht, die zur Menschenjagd wurde. Als Vertreter einer ökologischen Landwirtschaft und Kämpfer gegen die digitale Erfassung der Tiere zu deren jederzeitigen Lokalisierung ist Jérôme seit einigen Jahren ins Fadenkreuz des französischen Geheimdienstes D.D.P.P. (Direction Départementale de la Protection des Populations) geraten. Am 11. Mai 2017 flieht er im Anschluss an eine Gesundheitskontrolle seines Viehbestandes, ohne dass eine gewalttätige Auseinandersetzung stattgefunden hätte, und wird neun Tage später am Steuer seines Toyota durch drei Kugeln der Gendarmerie getötet.

Für weitere Informationen über die Theaterstücke besuchen Sie bitte unsere Website http://eurodram.fr/ (aktuell im Aufbau) oder unseren Blog http://comitefrancophoneeurodram.wordpress.com 

Auskunft über die Auswahlen der anderen EURODRAM-Komitees erhalten sie unter http://eurodram.fr/2020-selections/ 

Übersetzung: Wolfgang Barth, Bremen, 20.03.2020